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Knackpunkte von Basel II 


2. Die Behandlung von Eigenkapitalfinanzierungen

Für Unternehmen mit schlechtem Rating wird Basel II – trotz Abfederung durch das Retail- und das Mittelstandssegment – tendenziell eine Kreditverteuerung zur Folge haben. Es kann sich daher im Einzelfall lohnen, neben dem Bankkredit alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen. Allerdings erreichen nur wenige Unternehmen die kritische Größe für einen Gang an den Kapitalmarkt (Begebung von Unternehmensanleihen / Börsengang).

Daher wird die Hereinnahme von Eigenkapital von neuen Anteilseignern durch Basel II interessanter. Zudem ist Eigenkapital primärer Risikoträger, so dass bei den meisten Ratingverfahren die Einstufung stark von der Eigenkapitalquote des Unternehmens abhängt. Die Stärkung der Eigenkapitalquote kann somit auch zu einer Verbesserung der Kredit-Finanzierungskonditionen von Unternehmen beitragen.

Ein Problem kann sich immer dann ergeben, wenn der (potenzielle) Eigenkapitalgeber eine Bank oder Bankentochter ist und somit den Regelungen von Basel II unterliegt. Da Eigenkapital aus den genannten Gründen für den Kapitalgeber risikoreicher ist, verlangt Basel II im IRB-Ansatz anders als nach dem derzeit noch gültigen System eine höhere Unterlegung durch eigene Mittel – mit dem Resultat steigender Finanzierungskosten. Eine ausgewogene Ausgestaltung der Behandlung von Eigenkapitalfinanzierungen ist daher besonders wichtig.

Nach den derzeitigen Vorschlägen von Basel II scheinen die Anforderungen an Eigenkapitalfinanzierungen recht restriktiv zu sein. Es werden zwei grundsätzlich verschiedene Berechnungsverfahren diskutiert, wobei in keinem Fall eine Unterscheidung nach Basis- oder fortgeschrittener Variante des IRBAnsatzes erfolgt: Im marktbasierten Ansatz können Institute das erforderliche Eigenkapital mittels eigener Risikomodelle schätzen; falls ein Institut dazu nicht in der Lage ist, kommen fixe Eigenkapitalanforderungen von 24% bzw. 32% zum Tragen. Als minimale Anforderungen für interne Modelle sind 16% bzw. 24% vorgesehen. Hierbei gilt der jeweils niedrigere Satz nur für Investitionen in börsennotierte Unternehmen („public equity“). Im – von deutscher Seite bevorzugten – Ratingansatz („PD/LGD-Ansatz“) werden die Anforderungen anhand der Ratingeinstufung und der vom Unternehmenskredit her bekannten Risikogewichtungsfunktion hergeleitet, wobei ebenfalls Minimum- Anforderungen von 16% bzw. 24% zum Tragen kommen.

Abgesehen von den genannten „floors“ führen im Ratingansatz noch weitere Faktoren zu deutlich höheren Kapitalanforderungen als bei Krediten (vgl. Grafik 4):

- Der LGD, der bei unbesicherten Krediten im IRB-Basisansatz auf 45% festgelegt wurde (und der durch Besicherung reduziert werden kann), soll bei Equity auf 90% normiert werden. Alleine hierdurch entsprechen die Eigenkapitalanforderungen bei Equity mindestens dem doppelten Wert im Vergleich zu Krediten.

- Es sollen stets die maximalen (5-Jahres) Laufzeitaufschläge angewandt werden (selbst wenn es sich beim Kapitalgeber um eine Bank handelt, die bei Krediten keine Laufzeitadjustierung vornehmen muss).

- In bestimmten Fällen (Bank hat nur unzureichende Informationen zum Kapitalnehmer) wird die Eigenkapitalanforderung nochmals um den Faktor 1,5 erhöht.

- Bei der Eigenkapitalvergabe an kleine Unternehmen bzw. bei niedrigem Finanzierungsvolumen ist bei der Eigenkapitalfinanzierung keine Retailregelung vorgesehen, selbst wenn die Bank das Geschäft entsprechend behandelt.

basel II

 

Zusammengenommen führen diese Faktoren dazu, dass die Eigenkapitalanforderungen bei Beteiligungen in der Regel ein Vielfaches im Vergleich zu (Retail-) Krediten betragen (maximale Differenz ca. Faktor 60 bei den besten Bonitäten). Zwar gilt dieser Zusammenhang nur, falls die Finanzierungsmittel aus dem Bankensektor stammen. Ein Rückzug der Banken aus dem Beteiligungsgeschäft kann aber schon deshalb nicht wünschenswert sein, weil von den Banken ein wichtiger Anschubeffekt für den noch recht jungen Beteiligungsmarkt ausgeht. Auch zeigt sich bei der Behandlung von Beteiligungen eine besonders große Diskrepanz zwischen Standard- und IRB-Ansatz: Für Banken mit sehr großem Beteiligungsgeschäft ergibt sich ein starker Anreiz, beim Standardansatz (Anforderung 8%, nationale Aufsicht kann auch 12% bestimmen) zu verbleiben.

Immerhin sind – vorbehaltlich der Zustimmung und Ausgestaltung durch die nationalen Aufsichtsbehörden – einige Regelungen vorgesehen, die übermäßig hohen Anforderungen an Beteiligungen im IRB-Ansatz entgegenwirken können:

1. Gemäß der „Materialitätsgrenze“ können IRB-Banken, deren Beteiligungsportfolio 10% des Eigenkapitals nicht überschreitet, nach dem Standardansatz unterlegen. Institute, die oberhalb dieser Schwelle liegen, werden dann mit ihrem gesamten Beteiligungsportfolio gemäß den IRBRegelungen für Equity behandelt.

2. Es ist ein Bestandsschutz von 10 Jahren für (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Basel II) bestehende Engagements geplant: Diese können in diesem Zeitraum noch nach dem Standardansatz unterlegt werden.

3. Beteiligungsfinanzierungen im Rahmen nationaler Förderprogramme (wie sie auch von der KfW aufgelegt werden) sollen bis zu einer Grenze von 10% des Eigenkapitals der Bank ausgenommen und nach dem Standardansatz behandelt werden. Es ist vorgesehen, dass diese Freistellung additiv mit der Bestandsschutzregelung zusammenwirkt, d.h. Engagements, die unter Bestandsschutz fallen, müssen nicht auf das 10%-Limit der Förderprogramme angerechnet werden.

Reduzierte Anforderungen an kleine Engagements analog zur Retailregelung bei Krediten wurden in Basel zwar diskutiert, aber bislang nicht umgesetzt. Da – gerade im Segment Venture Capital – Beteiligungen oftmals ein relativ geringes Volumen haben und auch häufig kleinen (Start Up) Unternehmen zugute kommen, werden wie im Kleinkreditgeschäft Diversifikationsvorteile generiert, die entsprechend der Logik des Retailansatzes eigentlich eigenkapitalmindernd berücksichtigt werden könnten.

Quelle: kfw