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Situation in den neuen Bundesländern

Die KfW-Daten deuten darauf hin, daß sich das Defizit im Bereich der hochproduktiven produktionsnahen Dienstleistungen im Zeitablauf schließen wird: In diesem Segment des Dienstleistungssektors waren die jährlichen Zusagenanteile an den gesamten Zusagen an Dienstleistungsunternehmen seit der Wiedervereinigung höher als in den alten Bundesländern (Tabelle 4). Eine kurzfristige Angleichung ist angesichts des sehr niedrigen Ausgangsniveaus allerdings nicht zu erwarten.

Tabelle 4
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Tabelle 5
Tabelle 5
Tabelle 6
Tabelle 6

Insgesamt ist die Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors in den neuen Ländern mit einem Anteil von 10 % immer noch vergleichsweise gering (Tabelle 2). Im Vergleich zu den alten Bundesländern besteht außerdem ein erheblicher Produktivitätsrückstand. 1997 erreichte die Produktivität – je nach Schätzung – nur zwischen 46 und 55 % des westdeutschen Niveaus. Da das Entlohnungsniveau jedoch bereits 76 % erreicht hat, liegt das Niveau der Lohnstückkosten im Dienstleistungsbereich in den neuen Bundesländern um ca. 40 %-Punkte höher als in den alten Ländern (Tabelle 2). Für das niedrigere Produktivitätsniveau gibt es eine Reihe von Gründen:

  • Struktur des Dienstleistungssektors: Der Anteil der hochproduktiven produktionsbezogenen Dienstleistungen ist geringer. Außerdem haben bei den produktionsorientierten Dienstleistungen Tätigkeiten, bei denen der Marktzugang einfach ist und geringe Einkommenserzielungspotentiale bestehen (z. B. Schutz-, Wach- und Boten- und Reinigungsdienste) ein vergleichsweise großes Gewicht.

  • Da das Angebot in manchen Bereichen (z. B. Hotels) der Nachfrage weit vorauseilte, ist ein Teil des Produktivitätsrückstandes durch unterausgelastete Kapazitäten bedingt.

  • Die Steigerung der Wertschöpfung in den letzten Jahren fand zum großen Teil über Preisanhebungen statt. Dennoch liegt das Preisniveau immer noch unterhalb des westlichen Vergleichswertes (90 % des Westniveaus). Dieser Preisunterschied fließt in die Produktivitätsberechnung mit ein, so daß ein Teil des Rückstands dadurch erklärt wird.

  • Betriebe von westdeutschen Mutterfirmen erfüllen in den neuen Bundesländern oft nur nachgeordnete und ausführende Unternehmensfunktionen und wenig hochproduktive Aufgaben wie Marketing, Organisation etc. Dies gilt insbesondere im Bereich des Kredit- und Versicherungsgewerbes.

Die wirtschaftliche Situation der ostdeutschen Dienstleistungsunternehmen gestaltet sich vor diesem Hintergrund vergleichsweise ungünstig. In allen Dienstleistungsbereichen ist der Anteil der Unternehmen, die eine gute Bonität aufweisen, geringer als in Westdeutschland (Ost 37,7 %, West 52 %) (Tabelle 5). Auch verbessert sich Umfragen zufolge die Geschäftslage bei den westdeutschen Anbietern unternehmensbezogener Dienstleistungen stetig, während sie sich in jüngster Zeit bei denen in den neuen Ländern verschlechterte.

Das skizzierte Gesamtbild ändert sich nicht grundlegend, wenn die Systematik der Wirtschaftszweige verlassen wird und stattdessen auf den ausgeübten Beruf der Erwerbstätigen Bezug genommen wird. In Ostdeutschland entfallen auf 1.000 Einwohner 245 Erwerbstätige mit einem Dienstleistungsberuf, im Westen sind dies 289. Auch in Relation zur Gesamtzahl der Erwerbstätigen gibt es im Osten weniger Erwerbstätige in einem Dienstleistungsberuf, dort üben 61 % der Erwerbstätigen einen Dienstleistungsberuf aus, im Westen sind es 68 % (Tabelle 6). Hier zeigen sich ebenfalls die Defizite bei den hochproduktiven Dienstleistungen im Osten, es sind relativ weniger Erwerbstätige z. B. in Beratung, Management und Verwaltung, Kreditinstituten und Versicherungen tätig. Dies rührt z. T. auch daher, daß vergleichbare Qualifikationen in der ehemaligen DDR nicht vorhanden waren und ein langer Zeitraum notwenig ist, um sie zu erwerben (z. B. Steuer-, Wirtschaftsberatung).

Die Probleme ostdeutscher Unternehmen, mit innovativen Produkten auf externen Märkten Fuß zu fassen, hängen auch mit dem geringeren Tertiarisierungsgrad der Produktion zusammen. So beträgt der Anteil der Personen mit tertiären Tätigkeiten im verarbeitenden Gewerbe nur vier Fünftel des westlichen Niveaus. Dies deutet auf ein Defizit bei der Verwendung tertiärer Vorleistungsprodukte hin, das die Möglichkeiten für ostdeutsche Unternehmen einschränkt, Fortschritte im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien vollständig zu nutzen.

Quelle: kfw