Mittelstand und Globalisierung: Märkte Mittel- und Osteuropas von hoher Bedeutung

Mittelstand und Globalisierung: Märkte Mittel- und Osteuropas von hoher Bedeutung

Die deutschen Mittelständler haben sich auf die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft eingestellt und sind im europäischen Vergleich überdurchschnittlich stark international engagiert. Das geht aus der aktuellen Studie „Die Globalisierung des Mittelstandes - Chancen und Risiken“ hervor, die die KfW Bankengruppe und der Verband der Vereine Creditreform am 13.Februar in Berlin vorgelegt haben. Fast ein Viertel der kleinen und mittleren Unternehmen ist demnach im Exportgeschäft aktiv, zwei Drittel der mittelständischen Exporte fließen in Länder der Europäischen Union. Als Ziel von Direktinvestitionen spielen die mittel- und osteuropäischen Länder für den Mittelstand eine sehr viel größere Rolle als für die Gesamtwirtschaft. Wesentliches Motiv für die Auslandsengagements ist die Erschließung neuer Absatzmärkte. Eine mögliche Kostenersparnis durch Produktionsverlagerung ist hingegen von nachgeordneter Bedeutung.

„Der Umbruch in den Ländern Mittel- und Osteuropas und die damit einhergehende Liberalisierung der Märkte gab den Startschuss für stärkere internationale Aktivitäten deutscher Mittelständler“, sagte KfW-Vorstandssprecher Hans W. Reich bei der Vorstellung der Studie. Als weitere Triebkräfte der Globalisierung identifizierten KfW Bankengruppe und Creditreform die Verlagerung der Fertigungen von Großkunden, denen der Mittelstand folgte, sowie eine aufgrund schwacher Binnennachfrage steigende Attraktivität ausländischer Märkte. Technischer Fortschritt und sinkende Transport- und Kommunikationskosten haben zudem die mit Direktinvestitionen verbundenen Fixkosten reduziert und Markteintrittsbarrieren gesenkt. Dies erleichtert kleineren und mittleren Unternehmen, die generell niedrigere Investitionsvolumina stemmen als große, den Schritt ins Ausland. „Der Mittelstand besinnt sich in Zeiten einer globalisierten Wirtschaft auf eine seiner großen Stärken, nämlich die Flexibilität“, fasste Reich die Studienergebnisse zusammen. „Die Unternehmen haben sich angepasst: Sie exportieren mehr, investieren im Ausland – und erschließen sich neue Märkte.“

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Hartmut Schauerte, ergänzte: „Die Bundesregierung unterstützt nachdrücklich das Auslandsengagement des Mittelstands. Hierdurch wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen verbessert und es bleiben qualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland erhalten oder werden sogar neu geschaffen. Deshalb werden wir in dieser Legislaturperiode ein besonderes Augenmerk auf die auslandsorientierten Mittelständler legen.“

Die neue Studie liefert erstmals detaillierte Aussagen über Art und Umfang der von kleinen und mittleren Betriebe durchgeführten Direktinvestitionen. Die Datenlage zu diesem Thema ist bislang sehr lückenhaft, weil die amtliche Statistik aufgrund bestehender Meldegrenzen die mittelständischen Direktinvestitionen unterzeichnet. Die KfW Bankengruppe und Creditreform haben deshalb gemeinsam versucht, dieses Defizit zu kompensieren. Die jetzt vorgelegte Studie basiert auf einer Befragung von 4.000 Unternehmen im Herbst 2005, auf Daten des KfW-Mittelstandspanels sowie auf einer Auswertung von 2300 KfW-geförderten Auslandsinvestitionen kleiner und mittlerer Unternehmen.

Zentrale Ergebnisse der Untersuchung sind:

  • 24 % der deutschen Mittelständler exportieren, das Auslandsgeschäft trägt im Schnitt 17 % zum Gesamtumsatz aller Mittelständler bei. Besonders das Verarbeitende Gewerbe ist exportfreudig: Laut Studie beliefern 40 % der befragten Unternehmen dieser Branche nicht nur den Heimatmarkt, sondern auch das Ausland. Über alle Wirtschaftsbereiche gilt: Je größer und produktiver ein Unternehmen ist, desto ausgeprägter ist seine Exportorientierung
  • Die Exportquote des deutschen Mittelstandes liegt über dem Durchschnitt der 15 „alten“ EU-Länder (12 %) und übersteigt auch die entsprechenden Quoten anderer großer europäischer Volkswirtschaften.
  • Fast die Hälfte (46 %) aller mittelständischen Direktinvestitionen fließt in die „alte“ EU in ihren Grenzen von 2004 – ähnlich hoch ist der Anteil für alle deutschen Direktinvestitionen in diesen Staaten.
  • Eine besondere Bedeutung für die kleinen und mittleren Unternehmen haben die mittel- und osteuropäischen Beitrittsländer. 29 % des Investitionsvolumens der geförderten Mittelständler flossen dorthin. Dagegen hat diese Region nur einen Anteil von 3,5 % an allen deutschen Direktinvestitionen.
  • Die Beitrittsländer haben zudem im Zeitverlauf für den Mittelstand an Bedeutung gewonnen: So gingen zwischen 1986 und 1995 22 % des Investitionsvolumens der von der KfW geförderten Mittelständler nach Mittel- und Osteuropa, im Zeitraum von 2001 bis heute sind es 29 %. Diese Entwicklung geht zu Lasten der „alten“ EU, in der die mittelständischen Direktinvestitionen rückläufig sind (61 % ggü. 37 %).
  • Neben Mittel- und Osteuropa haben weiter entfernte Regionen wie Asien und Amerika als Ziel mittelständischer Direktinvestitionen an Bedeutung gewonnen.
  • Das Outsourcing von Teilen der Produktion an kostengünstige Standorte spielt auch im Mittelstand eine wichtige Rolle. 65 % der Unternehmen importieren Güter, die im Ausland hergestellt wurden, um diese dann in ihren Produktionsprozess in Deutschland einfließen zu lassen.


„Die Globalisierung bietet den deutschen Mittelständlern Chancen – und sie nutzen sie“, betonte Prof. Dr. Helmut Rödl, Vorstandsmitglied des Verbands der Vereine Creditreform. Das Auslandsengagement gehe, trotz häufig anders lautender Befürchtungen, nicht zwangsläufig zu Lasten der Arbeitsplätze in den Heimatländern: „Wesentliche Investitionsmotive sind laut unserer Befragung die Erschließung neuer und die Sicherung bestehender Märkte. Lohnkostenvorteile, Subventionen oder günstigere Bezugsquellen im Ausland spielen eine weniger wichtige Rolle.“

 

Die Studie „Die Globalisierung des Mittelstandes – Chancen und Risiken“ kann im Internet unter www.kfw.de abgerufen werden.